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Die Beschlagnahme der Tiere: die Situation in Deutschland und Europa

Die Beschlagnahme der Tiere: die Situation in Deutschland und Europa
“Haustiere sind keine Gegenstände". Das sagen wir zu Kindern, um ihnen Achtung vor allen Lebewesen zu vermitteln. Und das ist uns auch klar, wenn wir uns bewusst ein Haustier anschaffen und Vernachlässigung und Gewalt gegen Tiere verurteilen. Doch das Gesetz berücksichtigt diesen Anspruch nicht zu Genüge, sodass er Gefahr läuft, wie so viele wichtige Themen - das Wohlsein der Haustiere -, ungelöst in der juristischen Schwebe zu verharren.In einigen Ländern werden die Tiere als Gegestände betrachtet. Auch bei uns in Deutschland ist die Rechtslage alles andere als eindeutig. Grundsätzlich werden Tiere nicht als häusliche „Ausstattung“ angesehen, und dementsprechend darf ein Gläubiger im Zuge einer Zwangsvollstreckung Tiere nicht pfänden lassen. ABER: Hierzu müssen die Tiere “ im häuslichen Bereich UND nicht zu Erwerbszwecken gehalten werden" (§ 811c ZPO). Bis hierhin können sich Tiere und Herrchen freuen! Doch eine weitere wichtige Voraussetzung zum Pfänden ist folgende: Ein „hoher“ Wert des Tiers: Wenn der materielle Wert des Tiers über 250 Euro liegt, darf es gepfändet werden. Da jedoch von Gericht zu Gericht unterschiedlich entschieden wird, gibt es häufig Gegenargumente, wie z.B. das schutzwürdige Interesse des Tiers.

Die Lage in Europa

Und wie handhabt man das Thema der Pfändung von Tieren im Rest des alten Kontinents? Mit dieser Frage geht man von Land zu Land unterschiedlich um, was die Sensibilität des Themas bei Politikern und Bürgern belegt. In den Niederlanden und in Italien trifft man beispielsweise auf eine ganz ähnliche Lage: Von Gesetz her werden Haustiere als Sachen angesehen. Während in Holland die Pfändung von Haustieren in den Massenmedien keinen besonderen Niederschlag findet, ist in Italien dank einer Online-Petition und eines Gesetzgebungsvorschlags an die Regierung eine heiße Debatte zum Thema entbrannt. Die Beweggründe, diese Initiative zu unterstützen, sind vor allem die anhaltende Wirtschaftskrise, sowie ein höheres Bewusstseins in Bezug auf diese Problematik in anderen europäischen Ländern. Deutschland, Österreich und die Schweiz gehen ähnlich an das Problem heran: Tiere dürfen nicht gepfändet werden, solange sie im Haushalt des Besitzers leben und keine Nutztiere sind. Der englische Gesetzgeber räumte jede Zweideutigkeit aus dem Weg, indem er mit der „Taking Control of Goods Regulations 2013“ eine im April 2014 aktualisierte Liste von Gütern veröffentlichte, in der wörtlich „ Begleithunde, Hütehunde, Wachhunde oder Haustiere“ als nicht beschlagnahmbar aufgeführt sind.

Auch Frankreich verbietet die Pfändung von Haustieren, und Ende des Monats hat das Land seinen europäischen Nachbarn ein Beispiel gegeben: Es wurde eine Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches verabschiedet, die den Status lebendiger Haustiere als empfindsame Lebewesen anerkennt. Diese Gesetzesnovelle ist das Ergebnis einer von der Stiftung „30 milions d'amis“ durchgeführten Umfrage: 89% der Einwohner äußerten sich dafür! Das neue Gesetz wurde zwar sowohl in Frankreich als auch über die Grenzen des Landes hinweg begrüßt, jedoch auch wegen einiger Schwachstellen kritisiert. So werden beispielsweise Wildtiere nicht als empfindsame Wesen definiert, und außerdem mangelt es an einer entschiedenen Stellungnahme gegen Gepflogenheiten wie Stierkampf, Fuchsjagd, Hahnenkampf, rituelles Schlachten und die Ausbeutung von Tieren in der Fischerei- und Landwirtschaft.