Bereits seit 16 Jahren leisten Andreas und Jacqueline Kroll gemeinsam mit ihren Schafen einen wichtigen Beitrag zur Landschaftspflege in Goslar – tatkräftige Unterstützung erhalten sie hierbei von ihren unermüdlichen Working Kelpies.Momentan haben Andreas und Jacqueline insgesamt 80 Schafe in ihrer Obhut. Die Herde befindet sich derzeit noch im Aufbau und kann auf bis zu 150 Schafe heranwachsen. Zu zweit bewirtschaften Andreas und Jacqueline Hand in Hand und ohne strikte Arbeitstrennung ein Gebiet von insgesamt 120 ha Fläche.
In einem Interview haben die beiden uns jede Menge spannende Einblicke in ihre Arbeit gegeben. Besonders interessiert waren wir natürlich an den Working Kelpies.
Jacqueline unterwegs zu einem neuen Weideplatz für ihre Schafe - begleitet wird sie von zwei Herdenschutzhunden und einem Working Kelpie.
Was liebt ihr an eurer Arbeit?
Die Arbeit mit - in - und für die Natur. Der faire Umgang mit den Tieren ist uns dabei ganz wichtig. Wir lieben diese Harmonie zwischen der Natur und den Tieren. Unsere Schafe leisten einen wertvollen Beitrag für die Natur und diese lieben wir.
Wie groß ist das Gebiet? Welche Flächen werden bewirtschaftet?
Das Gebiet umfasst insgesamt 120 ha Fläche. Wir bewirtschaften im Auftrag der Natur- und Umwelthilfe Goslar e.V. Magerrasenflächen und besonders zu schützende Biotope. Für den NABU bewirtschaften wir neue Heideflächen zur Erhaltung offener Gebiete (gegen Verbuschung der Landschaft).
Erzählt uns gern mehr über die Rolle der Working Kelpies, die euch bei der täglichen Arbeit mit den Schafen zur Seite stehen. Was sind die Vorteile und Nachteile ihres Einsatzes?
Der Working Kelpie ist ein Hütehund und hilft uns, die Schafe auf frische Weideflächen zu bringen. In der Landschaftspflege gilt es feste Zeiten der Beweidung einzuhalten und die Weideflächen liegen bei uns verteilt im ganzen Landkreis. Wenn wir derzeit mit 80 Tieren losziehen, dann können wir uns dank unserer Working Kelpies zu 100 % darauf verlassen, dass wir auch mit 80 Tieren am Zielort ankommen. Die Strecken liegen zum Teil bis zu 16 km auseinander und der Einsatz der Kelpies hat sich bewährt, da sie eine hohe Arbeitsausdauer und Belastbarkeit mitbringen. Einen Nachteil? Fällt uns irgendwie nichts ein – lach.
Was gehört genau zu den Aufgaben der Working Kelpies?
Arbeit am Vieh (Geflügel, Schafe, Ziegen, Rinder). Die Arbeit bezieht sich auf das Zusammentreiben der Tiere auf der Weidefläche (Bsp. zur gesundheitlichen Tierkontrolle oder einem Umtrieb auf eine neue Fläche). Dem Splitten der Schafgruppen, wenn man beispielsweise nur einen Teil der Schafgruppe haben möchte und nicht alle Tiere benötigt. Bei einem Umsetzen der Herde auf eine frische Fläche sorgt er dafür, dass alle Tiere ankommen und hält sie von unerwünschtem Fressen z.B. in Vorgärten beim Durchqueren von Ortschaften ab.
Was sind die Vorteile dieser Rasse?
Die Arbeitsbereitschaft, die Ausdauer, das selbstständige Denken und die Zuverlässigkeit. So z.B. können wir den Kelpie auch auf unübersichtliche Flächen schicken, um alle Schafe zusammen zu holen. Dabei können wir uns immer darauf verlassen, dass er kein Tier stehen lässt. Weiterhin ist die Rasse sehr klar im Kopf und damit ein sehr wertvoller Helfer.
Warum ist der Kelpie so ein Workaholic?
Er wurde auf diese Eigenschaft selektiert, da die Farmer in Australien „Workaholics“ auf den Farmen brauchen.
Wieviel frisst so ein Kelpie?
Je nach Arbeitsbeanspruchung des Tieres bis zu 900 g pro Tag.
Die Kelpies freuen sich über eine Almo Nature Holistic Trockenfutter-Ration Wie lange diese bei dem Futterpensum wohl reicht?
Wieviel Hunde habt ihr bereits selbst gezüchtet?
16 Hunde aus 3 Würfen. Wir züchten nur nach Bedarf und auf Anfrage. Unsere Welpenkäufer müssen daher auch schon mal 1- 2 Jahre auf ihren Welpen warten, da wir erst züchten, wenn genügend Anfrage da sind.
An wen vermittelt ihr die Working Kelpies? Mit welcher Resonanz?
Vorrangig vermitteln wir an Schafshalter, aber wir haben auch schon an sehr aktive Hundesportler vermittelt, die inzwischen alle selber Schafhalter geworden sind. Die Resonanz war durchweg positiv. Wir haben auch Anfragen aus Österreich und der Schweiz. Einen Hund konnten wir in die Toskana vermitteln. Er darf dort beim täglichen Einholen der Ziegen auf einer Olivenplantage helfen. Einige Schäfer haben auch bereits einen 2. Hund bei uns bestellt und sind damit „Wiederholungstäter“.
Basierend auf euren Erfahrungen und euer Vision: Was ist die Herausforderung, wenn es umLandschaftspflege in Gebieten mit Wolfsvorkommnissen geht?
Die Akzeptanz. Und zwar in vielerlei Hinsicht. Zum einen sollten die Schäfer mehr Beachtungbekommen und nicht als faul oder Tierquäler bezeichnet werden. Aufklärung in der Bevölkerung, welchen Beitrag die Weidetiere in der Landschaftspflege leisten, stellt eine Herausforderung dar. Weiter muss klar sein, dass es keine komplett wolfssicheren Zäune gibt, erst Recht
nicht, wenn wir mit mobilen Zäunen arbeiten müssen. Die mobilen Zäune sind höher geworden und damit auch schwerer. Es ist also eine körperlich schwere Arbeit. Die neu geforderte zusätzliche Litze über dem Zaun und die Erdverankerung stellen einen sehr stark erhöhten Zeitaufwand dar. Das Gelände ist oft unwegsam und mit einem Auto nicht zu erreichen, sodass das Material weit getragen werden muss. Für den Einsatz von Herdenschutzhunden fehlt in der Bevölkerung oft die Akzeptanz und die Spaziergänger fühlen sich von diesen Hunden, die ihren Job machen, belästigt.
Jacqueline mit einem ihrer zwei Herdenschutzhunde, die dabei helfen die Herde gegen Angriffe von Raubtieren zu schützen.
Die neuen Präventionsmaßnahmen sind aufwendig und schwierig und bieten dazu natürlich keinen vollständigen Schutz vor dem Wolf. Für uns stellt das gemeinsame Miteinander (Wolf und Weidetiere) eine Herausforderung dar, da wir unsere Weidetiere lieben und sie nicht als Futter für den Wolf zur Verfügung stellen wollen. Eine weitere sehr große Herausforderung stellen auch die finanziellen Zusatzkosten für die eben genannten Präventionsmaßnahmen dar. Die erforderlichen Präventionsmaßnahmen lassen sich oft in den Gebieten der Landschaftspflege schlecht oder gar nicht umsetzen, da die Gebiete sehr hügelig, uneben und schlecht zu erreichen sind. Aber die Mühe lohnt sich, sollte allerdings auch gewürdigt werden. Die Schafhalter selbst haben oft keine Möglichkeit an die Flächenprämien zu kommen und die Muttertierprämie, die den Schäfer dann tatsächlich erreicht hatte, wurde abgeschafft. Landschaftspflege lohnt sich also finanziell nicht oder kaum, zumal die Fördermaßnahmen lediglich 80 % der Kosten decken.
Seid Ihr selbst schon einmal einem Wolf begegnet?
Ja, sind wir. Wir haben eine Saison als Hirten auf einer Schweizer Alp verbracht und dort hautnah einen Wolfsangriff von mind. 3 Wölfen auf die uns anvertraute Schafherde von 380 Tieren live miterleben müssen. Dabei haben uns die Herdenschutzhunde nachhaltig beeindruckt, so dass wir zum Schutz unserer Schafe nun auch 2 Herdenschutzhunde mitlaufen haben.
Welche Möglichkeiten gibt es, um eine Herde vor Wolfsattacken zu schützen? Welches sind eurer Meinung nach die effizientesten?
Wie schon erwähnt, gibt es einen vollständigen Schutz gegen das Eindringen der Wölfe einfach nicht. Man kann es dem Wolf erschweren und hoffen, dass er leichtere Beute findet. Mögliche Präventionsmaßnahmen sind die Erhöhung der Schutzzäune, ein Untergrabschutz bei Festeinzäunung, eine zusätzliche Litze über den mobilen Zaun, empfohlen wird ein zusätzlicher Lappenzaun (sehr praxisuntauglich), leistungsstärkere Stromgeräte und der Einsatz von Herdenschutzhunden. Am effizientesten ist dabei unserer Meinung nach tatsächlich der Einsatz von Herdenschutzhunden.
Die Herde wird beim friedlichen Grasen achtsam bewacht.
Welche Tipps würdet ihr anderen Schafhalten geben, die eurem Beispiel folgen wollen?T
ipp. Hm? Schwierig. Letztendlich ist es immer einen Versuch wert, sich um die Natur zu bemühen und bei der Landschaftspflege durch Weidetiere sollte man auf alle Fälle die Präventionsmaßnahmen durchführen, um seinen Tieren einen optimalen Schutz zu bieten. Eine Koexistenz zwischen Weidetieren und dem Wolf ist möglich, wenn man beide Parteien ernst nimmt und beide Parteien schützt. Ein einseitiger Schutz z.B. nur des Wolfes bringt die Natur genauso ins Ungleichgewicht, wie die erneute Ausrottung des Wolfes. Der Einsatz von Herdenschutzhunden hat sich bewährt und sollte in Betracht gezogen werden, auch wenn der Aufwand dafür sehr hoch ist. Jeder Schafhalter sollte sich vor Anschaffung der Weidetiere über den möglichen Einsatz von Herdenschutzhunden vor Ort informieren und sich die Genehmigung zur Haltung einholen. Wir denken, dass langfristig kein Schafhalter seine Weidetiere ohne Herdenschutzhunde im Wolfsgebiet schützen kann. Daher sollte man sich vorher über Haltung, Ausbildung und Kosten genau informieren. Mehr Infos zur Arbeit von Andreas und Jacqueline Kroll gibt es auf ihrer
Homepage.Das Interview wurde im Rahmen unseres
Projekts Farmers&Predators, mit welchem wir in das Verhältnis zwischen wildem Tier und Landwirt harmonisieren möchten, geführt.